CO2-Emissionshandel in der Schweiz: Ein Leitfaden für Unternehmen und Private
Der Klimawandel ist eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit, und die Schweiz nimmt ihre Verantwortung ernst. Ein zentrales Instrument im Kampf gegen Treibhausgasemissionen ist der CO2-Emissionshandel. Doch was genau verbirgt sich dahinter, und wie betrifft er Schweizer Unternehmen und sogar private Hauseigentümer? Dieser Artikel beleuchtet die Funktionsweise, die gesetzlichen Grundlagen und die Handelsmöglichkeiten von CO2-Zertifikaten in der Schweiz.
Stefano Marconi
9/30/20253 min read


Das Schweizer Emissionshandelssystem (EHS): Ein Motor für den Klimaschutz
Seit 2013 ist das Schweizer Emissionshandelssystem (EHS) aktiv und bildet einen Eckpfeiler der nationalen Klimapolitik. Sein Hauptziel ist es, eine Obergrenze (Cap) für Treibhausgasemissionen festzulegen, die kontinuierlich sinkt. Aktuell sind rund 100 Anlagen von etwa 70 Unternehmen aus emissionsintensiven Branchen wie Zement, Chemie, Pharma, Stahl, Raffinerien, Papier und Fernwärme in dieses System eingebunden.
Unternehmen, die am EHS teilnehmen, müssen für jede Tonne ausgestossenes CO2-Äquivalent (tCO2eq) ein entsprechendes Emissionsrecht vorweisen. Ein Grossteil dieser Rechte wird den Unternehmen kostenlos zugeteilt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und eine Verlagerung der Produktion ins Ausland (Carbon Leakage) zu verhindern. Überschüssige Rechte können verkauft, fehlende Rechte am Markt oder in Auktionen erworben werden.
Eine aktuelle Evaluation des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) aus dem Jahr 2025 zeigt, dass das EHS technisch funktioniert und die Emissionsziele erreicht wurden. Die Emissionen der teilnehmenden Anlagen sind zwischen 2013 und 2023 um jährlich 3,0 % gesunken. Interessanterweise ist ein Grossteil dieser Reduktion jedoch auf Produktionsveränderungen und technologischen Fortschritt zurückzuführen, weniger direkt auf die Anreize des EHS selbst.
Ein Wendepunkt war die Verknüpfung des Schweizer EHS mit dem EU-EHS im Jahr 2020. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der Zertifikatspreise, was die Anreize für Unternehmen, in Emissionsminderungsmassnahmen zu investieren, erheblich verstärkt hat. Unternehmen kalkulieren heute mit Kosten von rund 100 EUR pro tCO2eq bei ihren Investitionsentscheidungen.
Die gesetzliche Basis: CO2-Gesetz und CO2-Verordnung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den CO2-Emissionshandel in der Schweiz sind im Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) und der dazugehörigen Verordnung über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Verordnung) verankert.
Die CO2-Verordnung definiert zentrale Begriffe und regelt detailliert die Ausstellung von Bescheinigungen für Projekte, die zur Emissionsverminderung beitragen. Solche Projekte müssen strenge Kriterien erfüllen: Sie müssen zusätzlich sein (d.h. ohne den Erlös aus den Bescheinigungen nicht wirtschaftlich), dem Stand der Technik entsprechen und ihre Emissionsminderungen müssen nachweisbar und quantifizierbar sein. Das BAFU ist für die Validierung, Verifizierung und letztlich die Ausstellung dieser Bescheinigungen zuständig
Das revidierte CO2-Gesetz hat das ehrgeizige Ziel, den Treibhausgas-Ausstoss der Schweiz bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 zu halbieren.
CO2-Zertifikate für Unternehmen: Pflicht und Chance
Für Schweizer Unternehmen bieten CO2-Zertifikate sowohl eine Pflicht als auch eine Chance:
•Obligatorische Teilnahme: Unternehmen mit hohem Treibhausgasausstoss sind gesetzlich zur Teilnahme am EHS verpflichtet und müssen jährlich Emissionsrechte abgeben.
•Handel und Flexibilität: Unternehmen erhalten Emissionsrechte kostenlos zugeteilt. Wer mehr emittiert, muss zusätzliche Rechte am Markt oder in Auktionen erwerben. Wer Emissionen stärker reduziert als vorgeschrieben, kann überschüssige Rechte verkaufen. Dieser Handel erfolgt über das Schweizer Emissionshandelsregister (EHR).
•Verknüpfung mit EU-EHS: Die Anbindung an das EU-EHS seit 2020 ermöglicht einen grösseren und liquideren Markt für Emissionsrechte, was den grenzüberschreitenden Handel erleichtert.
•Freiwillige Kompensation: Auch Unternehmen, die nicht dem EHS unterliegen, können freiwillig CO2-Zertifikate kaufen, um ihre Emissionen zu kompensieren und Klimaschutzprojekte zu unterstützen.
CO2-Zertifikate für private Haushalte: Freiwilliger Beitrag zum Klimaschutz
Für private Haushalte und Hauseigentümer in der Schweiz ist der Kauf von CO2-Zertifikaten eine freiwillige Massnahme zur Kompensation ihrer Emissionen. Es gibt keine gesetzliche Pflicht für Privatpersonen, solche Zertifikate zu erwerben.
Diese freiwillig erworbenen CO2-Zertifikate stammen in der Regel aus zertifizierten Klimaschutzprojekten im In- oder Ausland, wie Aufforstungsprogrammen oder Projekten für erneuerbare Energien. Anbieter wie myclimate oder First Climate ermöglichen den Erwerb solcher Zertifikate.
Die Anerkennung dieser Zertifikate erfolgt im Rahmen freiwilliger Klimaschutzbemühungen. Sie dienen dazu, den eigenen CO2-Fussabdruck zu neutralisieren oder zu mindern, erfüllen aber keine gesetzlichen Pflichten im Sinne des EHS, das für bestimmte emissionsintensive Unternehmen gilt. Als Privatanleger können CO2-Zertifikate nicht direkt am Primärmarkt gehandelt werden, sondern werden über spezialisierte Anbieter oder strukturierte Produkte erworben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der CO2-Emissionshandel in der Schweiz ein dynamisches System ist, das sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen Möglichkeiten bietet, aktiv zum Klimaschutz beizutragen – sei es durch gesetzliche Verpflichtungen oder durch freiwilliges Engagement.
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