Leitfaden für die Schweiz
Betriebliche CO2-Bilanzen in der Schweiz: Ein Leitfaden zu Standards und Umsetzung
1. Warum CO2-Bilanzen für Schweizer Unternehmen wichtig sind
Der Klimawandel stellt eine der grössten globalen Herausforderungen unserer Zeit dar, und die Schweiz engagiert sich aktiv im internationalen Klimaschutz. Im Zentrum dieser Bemühungen steht die Reduktion von Treibhausgasen (THG), die als Hauptverursacher der globalen Erwärmung identifiziert wurden. Zu diesen Gasen gehören nicht nur Kohlendioxid (CO2), sondern auch Methan (CH4), Lachgas (N2O) und verschiedene synthetische Gase.
In der Schweiz ist CO2 mit einem Anteil von etwa 78.5 Prozent das dominierende Treibhausgas. Die Hauptquellen für CO2-Emissionen sind die Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe, die im Verkehr, in Heizungen und in industriellen Prozessen zum Einsatz kommen, sowie die Zementherstellung. Neben CO2 tragen auch andere Gase erheblich zu den Gesamtemissionen bei: Methan (CH4) macht rund 11.9 Prozent aus und entsteht vorwiegend in der Landwirtschaft durch Rindviehhaltung und Hofdüngerverwaltung sowie in der Abfallbewirtschaftung durch Deponien und Abwasserreinigung. Lachgas (N2O) ist für etwa 6.4 Prozent der Emissionen verantwortlich, hauptsächlich durch die Düngung landwirtschaftlicher Böden und die Abwasserreinigung. Synthetische Gase, die als Kältemittel in verschiedenen Anwendungen genutzt werden, haben einen kleineren, aber stetig wachsenden Anteil von 3.2 Prozent.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die nationalen Emissionsbilanzen der Schweiz primär die Emissionen berücksichtigen, die innerhalb des Staatsgebiets entstehen. Das bedeutet, dass Emissionen, die bei der Herstellung importierter Güter im Ausland anfallen, oder solche aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr, in dieser Betrachtung in der Regel nicht enthalten sind, es sei denn, es handelt sich um eine spezielle Analyse der konsumbedingten Emissionen. Dieses detaillierte Verständnis der verschiedenen Treibhausgase und ihrer Quellen ist entscheidend, um die Relevanz des Themas im spezifischen Schweizer Kontext zu erfassen und zu erkennen, dass eine umfassende Klimastrategie über reines CO2 hinausgehen muss.
Vorteile einer CO2-Bilanz für Unternehmen
Eine betriebliche CO2-Bilanz ist weit mehr als eine blosse Auflistung von Zahlen; sie dient als strategische Grundlage für fundierte Entscheidungen im Klimaschutz. Sie ermöglicht es Unternehmen, ihre wesentlichen Emissionsquellen präzise zu identifizieren und darauf aufbauend gezielte Massnahmen zur Reduzierung abzuleiten. Diese systematische Herangehensweise führt häufig zu einer Steigerung der betrieblichen Effizienz und zu erheblichen Kosteneinsparungen, insbesondere durch einen reduzierten Energieverbrauch.
Die Erstellung und transparente Kommunikation einer CO2-Bilanz ist ein integraler Bestandteil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie. Sie verbessert die Glaubwürdigkeit und den Ruf eines Unternehmens massgeblich, sowohl intern bei den Mitarbeitenden, die sich stärker mit den Reduktionsbemühungen identifizieren, als auch extern bei Kunden, Investoren und Partnern. Dies schafft Vertrauen und stärkt die Bindung zu wichtigen Stakeholdern.
Der Druck auf Unternehmen, ihre Umweltauswirkungen offenzulegen, nimmt stetig zu. Im B2B-Bereich fordern immer mehr Unternehmen von ihren Lieferanten die Offenlegung ihrer CO2-Emissionen und bevorzugen jene, die bereits eine proaktive Klimastrategie implementiert haben. Gleichzeitig verschärfen sich die gesetzlichen Anforderungen in der EU und der Schweiz, die Unternehmen zunehmend zur Offenlegung ihrer Emissionen und zur Vorlage eines Plans zur Erreichung der Klimaneutralität verpflichten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der CO2-Bilanzierung und der Entwicklung einer Klimastrategie bereitet Unternehmen optimal auf diese zukünftigen Vorschriften vor und verschafft ihnen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in einem sich wandelnden Markt. Es ist daher nicht nur eine Frage der regulatorischen Pflicht, sondern eine strategische Investition in die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.
Die Rolle internationaler Standards
Um die Genauigkeit, Vergleichbarkeit und Glaubwürdigkeit von CO2-Bilanzen sicherzustellen, sind international anerkannte Standards unerlässlich. Ohne einheitliche Methoden und Richtlinien wäre es äusserst schwierig, Bilanzen korrekt zu interpretieren oder die Emissionsleistungen verschiedener Unternehmen und Sektoren miteinander zu vergleichen. Dies würde die Transparenz erheblich beeinträchtigen und die Entwicklung effektiver Klimaschutzmassnahmen erschweren.
Diese Standards bieten einen klaren und konsistenten Rahmen für die Messung, Berichterstattung und Verifizierung von Treibhausgasemissionen. Sie unterstützen Unternehmen dabei, ihre Klimaziele effektiv zu verfolgen, indem sie eine verlässliche Datengrundlage schaffen und Best Practices für das Emissionsmanagement definieren. Die Einhaltung dieser Standards stärkt das Vertrauen von Regierungen, Investoren und der Öffentlichkeit in die gemeldeten Daten und fördert eine fundierte Entscheidungsfindung im Bereich des Klimaschutzes. Die folgenden Abschnitte werden die wichtigsten dieser Standards detailliert beleuchten.
2. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol): Der globale Standard
Ziele und Kernprinzipien des GHG Protocol
Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) ist der weltweit am weitesten verbreitete Standard zur Berechnung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen für Unternehmen und Regierungen. Es wurde 1998 durch eine Zusammenarbeit zwischen dem World Resources Institute (WRI) und dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) ins Leben gerufen, mit dem Ziel, einen konsistenten und transparenten Rahmen für die Erfassung von Treibhausgasemissionen zu schaffen.
Das Hauptziel des GHG Protocol ist die Etablierung eines global gültigen Standards für die Berechnung von Treibhausgasemissionen. Dies ermöglicht es Unternehmen, ihre Emissionen präzise zu erfassen und transparent zu berichten. Der Standard basiert auf wissenschaftlichen Methoden, was die Vergleichbarkeit der Emissionen zwischen verschiedenen Unternehmen und Sektoren gewährleistet. Darüber hinaus bietet das GHG Protocol einen umfassenden Rahmen für die Berichterstattung an Regierungen, Investoren und andere Stakeholder, wodurch das Vertrauen in die gemeldeten Daten gestärkt und eine Grundlage für fundierte Klimaentscheidungen geschaffen wird.
Das GHG Protocol basiert auf fünf Kernprinzipien, die sicherstellen, dass die Berichterstattung über Emissionen konsistent, vergleichbar und transparent ist:
Relevanz: Die erfassten Emissionen müssen für die Entscheidungsfindung der Stakeholder relevant sein. Dies bedeutet, dass die Bilanz die wesentlichen Emissionsquellen des Unternehmens widerspiegeln und für die Bewertung der Klimaleistung aussagekräftig sein sollte.
Vollständigkeit: Alle relevanten Emissionen innerhalb der festgelegten Systemgrenzen müssen erfasst werden. Es dürfen keine wesentlichen Emissionsquellen ausgelassen werden, um ein umfassendes Bild der Umweltauswirkungen zu gewährleisten.
Konsistenz: Die Bilanzierungs- und Berichterstattungsmethoden sollten über die Zeit hinweg einheitlich angewendet werden. Dies ermöglicht eine sinnvolle Vergleichbarkeit der Emissionsentwicklung über verschiedene Berichtsperioden hinweg.
Genauigkeit: Unternehmen sollten Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die gesammelten Daten so präzise wie möglich sind. Dies reduziert Unsicherheiten und gewährleistet die Verlässlichkeit der Emissionsbilanz.
Transparenz: Alle Daten, Methoden und Annahmen, die der Emissionsberechnung zugrunde liegen, sollten offengelegt werden. Dies fördert die Nachvollziehbarkeit und das Vertrauen in die Berichterstattung.
Die drei Scopes des GHG Protocol: Direkte und indirekte Emissionen
Das GHG Protocol kategorisiert Treibhausgasemissionen in drei Hauptkategorien, die als "Scopes" bezeichnet werden. Diese Unterteilung hilft Unternehmen, die Herkunft ihrer Emissionen klar zu identifizieren und gezielte Reduktionsstrategien zu entwickeln.
Scope 1: Direkte Emissionen
Scope 1 umfasst alle direkten Treibhausgasemissionen, die aus Quellen stammen, die sich im Eigentum eines Unternehmens befinden oder von ihm kontrolliert werden. Dies sind Emissionen, über die ein Unternehmen die volle Kontrolle hat und bei denen gezielte Einsparungen durch eigene Massnahmen erzielt werden können.
Beispiele für Scope 1 Emissionen sind:
Emissionen aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in firmeneigenen Fahrzeugen (z.B. LKW, Firmenwagen, Gabelstapler).
Emissionen aus Heizungen und Generatoren, die fossile Brennstoffe verbrennen, wie Erdgas oder Heizöl, in firmeneigenen Gebäuden und Anlagen.
Prozessbedingte Emissionen aus industriellen Produktionsanlagen, beispielsweise bei der Zementherstellung oder chemischen Reaktionen.
Emissionen aus Leckagen von Kältemitteln in Klimaanlagen oder Kühlgeräten.
Zur Datenerfassung für Scope 1 können verschiedene Methoden angewendet werden:
Direkte Messungen: Kontinuierliche Überwachung von Emissionen an der Quelle mittels Messgeräten. Diese Methode bietet eine hohe Genauigkeit, kann jedoch kostenintensiv und technisch anspruchsvoll sein.
Aktivitätsdaten und Emissionsfaktoren: Erfassung von Daten über den Kraftstoffverbrauch oder das Produktionsvolumen und Anwendung standardisierter Emissionsfaktoren zur Berechnung der Emissionen. Dies ist eine weit verbreitete Methode, die auf anerkannten Standards basiert.
Massenbilanzansatz: Berechnung der Emissionen durch den Vergleich der Input- und Output-Mengen eines Prozesses, besonders relevant in der chemischen Industrie.
Modellierung: Einsatz von Computermodellen zur Schätzung von Emissionen basierend auf Prozessparametern und Betriebsbedingungen.
Scope 2: Indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie
Scope 2 bezieht sich auf indirekte Treibhausgasemissionen, die aus der Bereitstellung von eingekaufter Energie durch Dritte resultieren. Obwohl diese Emissionen nicht direkt vom Unternehmen verursacht werden, sondern bei externen Energieversorgern entstehen, sind sie eng mit dem Energieverbrauch des Unternehmens verbunden.
Beispiele für Scope 2 Emissionen sind:
Der Stromverbrauch in Bürogebäuden für Computer, Beleuchtung und Klimaanlagen.
Die Nutzung von Fernwärme oder -kälte in Produktionsstätten oder Bürogebäuden, die von externen Lieferanten bezogen wird.
Der Bezug von Dampf für industrielle Prozesse, der von externen Anbietern erzeugt wird.
Unternehmen können ihre Scope 2 Emissionen deutlich reduzieren, indem sie auf erneuerbare Energiequellen wie Ökostrom umsteigen oder Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz implementieren.
Für die Datenerfassung und Berechnung von Scope 2 Emissionen empfiehlt das GHG Protocol zwei Methoden, deren Ergebnisse idealerweise separat ausgewiesen werden sollten, um ein umfassendes Bild zu erhalten :
Standortbasierte Methode (Location-Based Method): Diese Methode berücksichtigt die durchschnittlichen Emissionsfaktoren des Stromnetzes in der Region, in der die Energie verbraucht wird. Sie spiegelt die Emissionsintensität des lokalen Strommixes wider. Unternehmen multiplizieren ihren gesamten Stromverbrauch mit dem durchschnittlichen Emissionsfaktor des regionalen Netzes.
Marktbasierte Methode (Market-Based Method): Diese Methode berücksichtigt spezifische Emissionsfaktoren, die auf den tatsächlich vom Unternehmen bezogenen Energiequellen basieren, einschliesslich vertraglicher Vereinbarungen wie Ökostromlieferverträgen oder Herkunftsnachweisen. Unternehmen verwenden hier Emissionsfaktoren, die den spezifischen Energiequellen entsprechen, die sie beziehen.
Scope 3: Weitere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette
Scope 3 umfasst alle anderen indirekten Treibhausgasemissionen, die sich aus den Aktivitäten eines Unternehmens ergeben, aber nicht unter Scope 1 oder Scope 2 fallen. Diese Emissionen entstehen in Anlagen, die nicht dem Unternehmen gehören oder von ihm kontrolliert werden, die aber direkt durch die Aktivitäten des Unternehmens innerhalb seiner Wertschöpfungskette beeinflusst werden. Scope 3 Emissionen stellen oft die grösste Emissionsquelle für Unternehmen dar und können bis zu 80% der Gesamtemissionen ausmachen. Ihre Erfassung und Steuerung ist aufgrund der Vielzahl der beteiligten Akteure und Prozesse komplex, aber entscheidend für eine vollständige Klimabilanz und effektive Klimastrategien.
Beispiele für Scope 3 Emissionen sind vielfältig und werden in 15 Kategorien unterteilt, die zwischen vor- (Upstream) und nachgelagerten (Downstream) Aktivitäten unterscheiden:
Vorgelagerte Emissionen (Upstream):
Herstellung und Transport von eingekauften Gütern und Dienstleistungen (Rohstoffe, Materialien).
Emissionen aus der Produktion von Investitionsgütern (Anlagen, Maschinen).
Geschäftsreisen und der Pendelverkehr der Mitarbeitenden.
Abfallentsorgung und -behandlung.
Emissionen aus vorgelagerten geleasten Vermögenswerten.
Nachgelagerte Emissionen (Downstream):
Transport und Distribution der verkauften Produkte an Kunden.
Emissionen, die während der Nutzung der verkauften Produkte durch Kunden entstehen (z.B. Energieverbrauch von Elektrogeräten oder Kraftstoffverbrauch von Automobilen).
Emissionen aus der Entsorgung oder dem Recycling der Produkte am Ende ihres Lebenszyklus.
Emissionen aus nachgelagerten geleasten Vermögenswerten oder Franchise-Betrieben.
Obwohl die Erfassung von Scope 3 Emissionen nicht immer streng vorgeschrieben ist, spielt sie eine entscheidende Rolle für die Klimaschutzstrategie eines Unternehmens und wird mit zunehmenden gesetzlichen Anforderungen, wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der EU, immer wichtiger. Unternehmen, die frühzeitig mit der Erfassung ihrer Scope 3 Emissionen beginnen, sind besser auf zukünftige Regierungsvorgaben vorbereitet und können ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Für die Quantifizierung von Scope 3 Emissionen, insbesondere für eingekaufte Güter und Dienstleistungen, bietet das GHG Protocol verschiedene anerkannte Methoden :
Lieferantenspezifische Methode: Basierend auf direkten Emissionsdaten von Lieferanten. Diese Methode bietet die höchste Präzision, erfordert jedoch eine enge Zusammenarbeit und Zugang zu detaillierten Daten.
Umweltbezogene Input-Output-Analyse (EEIO): Verwendet durchschnittliche Emissionsdaten, die auf ökonomischen Input-Output-Tabellen basieren. Diese Methode ist nützlich, wenn spezifische Daten fehlen, liefert aber aufgrund der Durchschnittswerte weniger genaue Ergebnisse.
Hybridmethode: Kombiniert die lieferantenspezifische Methode mit der EEIO-Analyse, um sowohl spezifische als auch durchschnittliche Daten zu nutzen. Dies kann die Genauigkeit erhöhen, erfordert jedoch mehr Aufwand bei der Datenerfassung und -verarbeitung.
Prozessbasierte Lebenszyklusanalyse (LCA): Eine detaillierte Methode, die Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder einer Dienstleistung analysiert. Sie bietet die höchste Genauigkeit, ist aber auch die ressourcenintensivste und erfordert umfangreiche Daten.
Es ist zu beachten, dass es auch den Begriff "Scope 4: Vermiedene Emissionen" gibt, der sich auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen bezieht, die indirekt durch die Nutzung der Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens im Vergleich zu konventionellen Alternativen erzielt werden. Dieser Scope ist jedoch noch nicht standardisiert und seine Messung ist komplexer als die der ersten drei Scopes.
3. ISO-Normen für CO2-Bilanzen und Umweltmanagement
Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat eine Reihe von Standards entwickelt, die Unternehmen und Organisationen weltweit dabei unterstützen, ihre Umweltauswirkungen zu messen, zu managen und zu berichten. Diese Normen ergänzen das GHG Protocol und bieten spezifische Anleitungen für verschiedene Aspekte der Treibhausgasbilanzierung und des Umweltmanagements.
ISO 14064-1, -2, -3: Treibhausgasbilanzierung und Verifizierung
Die ISO 14064-Reihe ist ein dreiteiliger Standard, der Organisationen eine geeignete Grundlage für die Bestimmung, Bilanzierung und Verifizierung von Treibhausgasemissionen bietet. Die Normenreihe wurde erstmals 2006 veröffentlicht und 2018/2019 aktualisiert. Ihr primäres Ziel ist es, den Klimaschutz zu fördern, indem Unternehmen bei der Identifizierung und Reduzierung ihrer Emissionen unterstützt werden, um so wesentliche Klimaziele wie die Begrenzung der globalen Erwärmung zu erreichen. Die ISO 14064-Standards bieten Regierungen, Unternehmen, Regionen und anderen Organisationen ein komplementäres Instrumentarium zur Quantifizierung, Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung von Treibhausgasemissionen.
ISO 14064-1: Organisationsebene
ISO 14064-1 legt Prinzipien und Anforderungen für die Quantifizierung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen und -entnahmen auf Organisationsebene fest. Sie ist der international anerkannte Standard für Organisationen, die ihre THG-Emissionen quantifizieren und darüber berichten.
Ziele:
Messung und Management des THG-Inventars einer Organisation.
Transparenz über den eigenen Kohlenstoff-Fussabdruck schaffen.
Vorbereitung auf zukünftige THG-Gesetze und Steigerung der Effizienz durch geringeren Energieverbrauch.
Erhöhung der Glaubwürdigkeit durch Demonstration von Umweltverantwortung und Stärkung des Rufs.
Anforderungen: Die Anforderungen der ISO 14064-1 beziehen sich auf den Entwurf, die Entwicklung, das Management, die Berichterstattung und die Verifizierung des Treibhausgasinventars einer Organisation. Dazu gehören:
Entwicklung eines THG-Inventars: Identifizierung aller relevanten Emissionsquellen und Kohlenstoffsenken innerhalb definierter organisatorischer Grenzen (z.B. operative Kontrolle, finanzielle Kontrolle oder Eigenkapitalanteil).
Emissionsklassifizierung: Kategorisierung der Emissionen in Scope 1 (direkt), Scope 2 (indirekt aus Energiebezug) und Scope 3 (andere indirekte Emissionen).
Quantifizierung und Methodik: Anwendung anerkannter Quantifizierungsmethoden und Emissionsfaktoren zur Sicherstellung von Konsistenz und Genauigkeit. Offenlegung der verwendeten Methoden und Annahmen.
Transparente Berichterstattung: Klare Darstellung der Messergebnisse, des Berichtszeitraums, der Datenquellen, Berechnungsmethoden sowie aller Einschränkungen, Annahmen oder Unsicherheiten.
Prozess zur Datenerbringung und Zertifizierung: Der Prozess zur Erlangung einer ISO 14064-1 Zertifizierung umfasst mehrere Schritte :
Erstellung eines THG-Inventars: Genaue Sammlung von Daten zu den THG-Emissionen des Unternehmens, einschliesslich Produktionsprozessen, Energieverbrauch, Transport und anderen emissionsrelevanten Aktivitäten. Identifizierung direkter und indirekter Quellen.
Interne Verifizierung: Überprüfung der Daten und Prozesse, um die Einhaltung des Standards und die Genauigkeit der Daten sicherzustellen. Dies hilft, Fehler zu identifizieren und zu korrigieren, bevor eine externe Prüfung stattfindet.
Externe Verifizierung: Ein unabhängiges, akkreditiertes Zertifizierungsunternehmen führt ein Audit durch, bei dem das THG-Inventar, die Unternehmensrichtlinien und die Emissionsmanagementverfahren überprüft werden. Ziel ist die Bestätigung der Konformität mit ISO 14064-1 und die Zertifizierung der Genauigkeit und Vollständigkeit des Emissionsinventars.
Ausstellung der Zertifizierung: Nach erfolgreicher Verifizierung wird die Zertifizierung ausgestellt, die die Fähigkeit der Organisation zum effektiven Emissionsmanagement offiziell anerkennt.
Aufrechterhaltung der Zertifizierung: Die Zertifizierung ist in der Regel ein Jahr gültig und erfordert jährliche Überwachungsaudits, um die kontinuierliche Einhaltung und Verbesserung zu bestätigen. Das THG-Inventar muss regelmässig überwacht und aktualisiert werden.
ISO 14064-2: Projektebene
ISO 14064-2 spezifiziert Prinzipien und Anforderungen sowie Anleitungen für die Quantifizierung, Überwachung und Berichterstattung von THG-Emissionsminderungen oder Entnahmeverbesserungen auf Projektebene. Der Standard ist für alle Arten von Projektaktivitäten anwendbar, unabhängig von Grösse, Sektor oder geografischem Standort.
Ziele:
Bereitstellung eines Rahmens zur Messung und Berichterstattung von THG-Emissionen und -Entnahmen, die mit spezifischen Projekten oder Aktivitäten verbunden sind.
Unterstützung von Organisationen bei der Gestaltung, Umsetzung und Bewertung von Emissionsminderungsinitiativen.
Schaffung von Glaubwürdigkeit und Nachweis des Engagements für Nachhaltigkeit durch transparente und konsistente Berichterstattung.
Anforderungen und Prozess zur Datenerbringung: Um ISO 14064-2 zu erfüllen, müssen Organisationen ein THG-Inventar für ihr Projekt oder ihre Aktivität erstellen. Dies beinhaltet :
Festlegung einer Projektgrenze: Die Projekte müssen eine klare und konsistente Projektgrenze definieren, die alle mit dem Projekt verbundenen Aktivitäten und Emissionen umfasst.
Identifizierung von THG-Emissionsquellen: Alle direkten und indirekten THG-Emissionsquellen, die mit dem Projekt und der Basislinie verbunden sind (z.B. Kraftstoffverbrennung, Stromverbrauch, Transport, Abfallentsorgung), müssen identifiziert und quantifiziert werden.
Festlegung einer Basislinie: Eine Basislinie für die THG-Emissionen des Projekts muss etabliert werden, die als Referenzpunkt für zukünftige Emissionsminderungen dient. Die Basislinie sollte konservativ sein und anerkannte Methoden verwenden.
Überwachung und Berichterstattung von THG-Emissionen: Die THG-Emissionen und Minderungen müssen regelmässig überwacht und unter Verwendung anerkannter internationaler Einheiten und Methoden berichtet werden. Die Berichterstattung sollte transparent und konsistent sein und eine Aufschlüsselung der Emissionen nach Quellen sowie alle Emissionsreduktionsinitiativen oder Projekte enthalten.
Verifizierung von THG-Emissionen: Projekte und THG-Emissionsminderungen werden von einer unabhängigen dritten Partei validiert und verifiziert. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit und Sicherheit für Stakeholder.
ISO 14064-3: Validierung und Verifizierung
ISO 14064-3 bietet Leitlinien für die Validierung und/oder Verifizierung von Treibhausgas-Aussagen. Dieser Teil der Norm legt die Prinzipien, Anforderungen und Verfahren für die Durchführung von THG-Verifizierungen sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten der Prüfer fest.
Ziele:
Sicherstellung der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens in die Kohlenstoffdaten von Organisationen und Projekten.
Bewertung der Richtigkeit und Konformität von THG-Aussagen mit den festgelegten Kriterien.
Unterstützung bei der Identifizierung von Verbesserungsmöglichkeiten im THG-Management.
Anforderungen und Prinzipien: Die Verifizierung und Validierung von THG-Aussagen basiert auf mehreren Kernprinzipien :
Unparteilichkeit: Die Prüfungsaktivitäten müssen objektiv und ohne Voreingenommenheit durchgeführt werden, frei von Interessenkonflikten oder unzulässiger Beeinflussung. Dies beinhaltet die Unabhängigkeit des Prüfers von der geprüften Organisation.
Evidenzbasierter Ansatz: Die Schlussfolgerungen müssen auf ausreichenden und geeigneten Nachweisen basieren, die durch eine rationale Methode gesammelt und analysiert wurden.
Faire Darstellung: Alle Feststellungen, Schlussfolgerungen und Meinungen müssen wahrheitsgemäss und fair präsentiert werden. Wesentliche Hindernisse oder abweichende Meinungen sind transparent zu kommunizieren.
Dokumentation: Der gesamte Verifizierungs- und Validierungsprozess muss klar und transparent dokumentiert werden, um die Grundlage für die Schlussfolgerungen und die Konformität mit den Kriterien zu schaffen.
Konservatismus: Bei der Bewertung vergleichbarer Alternativen sollte eine vorsichtig moderate Auswahl getroffen werden, um sicherzustellen, dass die gemeldeten Daten nicht überbewertet werden.
Prozess zur Datenerbringung und Verifizierung: Der Verifizierungs- und Validierungsprozess umfasst typischerweise folgende Schritte :
Vorab-Aktivitäten: Bestätigung des Umfangs, der Ziele und der Kriterien der Prüfung. Festlegung von Wesentlichkeitsschwellen (quantitativ und qualitativ).
Team-Auswahl: Auswahl eines Teams mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen (z.B. Branchenkenntnisse, Datenanalyse, Kommunikation).
Strategische Analyse und Risikobewertung: Der Prüfer analysiert die Aktivitäten der Organisation und bewertet das Risiko wesentlicher Fehldarstellungen oder Nichtkonformitäten. Dies beeinflusst die Art und den Umfang der Verifizierungsaktivitäten.
Datenerfassung und Evidenzsammlung: Durchführung von Aktivitäten zur Sammlung ausreichender und geeigneter Nachweise (z.B. Überprüfung von Dokumenten, Interviews, Stichproben, analytische Verfahren, Neuberechnungen).
Analyse und Bewertung: Systematische Analyse der gesammelten Daten, um die Zuverlässigkeit der Schlussfolgerungen zu gewährleisten.
Kommunikation: Klärungsbedarf, wesentliche Fehldarstellungen und Nichtkonformitäten werden der verantwortlichen Partei mitgeteilt. Bei unzureichender Reaktion kann die Meinung angepasst oder der Auftrag zurückgezogen werden.
Dokumentation: Detaillierte Aufzeichnungen aller Aktivitäten, Feststellungen, Datenerfassung, Analyse und Schlussfolgerungen werden geführt.
ISO 14044: Lebenszyklusanalyse (LCA)
Die ISO 14044 ist ein internationaler Standard, der detaillierte Anforderungen und Richtlinien für die Durchführung einer Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA) festlegt. Sie baut auf der ISO 14040 auf, die die Prinzipien und den Rahmen der LCA beschreibt, und ergänzt diese durch spezifische Vorgaben für die einzelnen Phasen.
Ziele: Das Hauptziel der ISO 14044 ist es, eine umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung über dessen gesamten Lebenszyklus zu ermöglichen – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, Nutzung und Entsorgung. Der Standard soll sicherstellen, dass LCA-Studien konsistent, reproduzierbar und glaubwürdig durchgeführt werden, um Unternehmen und Organisationen dabei zu helfen, ihren Umwelt-Fussabdruck besser zu verstehen und fundierte Entscheidungen zur Reduzierung ihrer Umweltauswirkungen zu treffen.
Anforderungen und Phasen einer LCA gemäss ISO 14044: Eine LCA nach ISO 14044 gliedert sich in vier Hauptphasen :
Ziel- und Umfangsdefinition: In dieser ersten Phase werden der Zweck der LCA, die zu untersuchenden Produkte oder Dienstleistungen, die funktionelle Einheit (eine quantifizierbare Leistung des Produktsystems), die Systemgrenzen (welche Prozesse in die Studie einbezogen werden) sowie alle Annahmen und Einschränkungen klar definiert.
Sachbilanz (Life Cycle Inventory - LCI): Hier werden alle relevanten Inputs (z.B. Energie, Rohstoffe) und Outputs (z.B. Emissionen in Luft, Wasser, Boden, Abfälle) des Produktsystems über seinen gesamten Lebenszyklus gesammelt und quantifiziert. Die Genauigkeit der Bilanz hängt stark von der Qualität und Relevanz der gesammelten Daten ab.
Wirkungsabschätzung (Life Cycle Impact Assessment - LCIA): In dieser Phase werden die Daten aus der Sachbilanz mit spezifischen Umweltwirkungen in Verbindung gebracht und deren potenzielle Grösse bewertet. Dies umfasst die Zuordnung der Inventardaten zu Wirkungskategorien (z.B. Treibhauseffekt, Ozonabbau, Eutrophierung) und die Umrechnung in gemeinsame Einheiten zur Vergleichbarkeit.
Auswertung (Interpretation): Die Ergebnisse der Sachbilanz und der Wirkungsabschätzung werden in Bezug auf die definierten Ziele und den Umfang der Studie analysiert. Dies beinhaltet Sensitivitätsanalysen zur Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse und die Ableitung von Schlussfolgerungen und Empfehlungen für Verbesserungen der Umweltleistung.
Die ISO 14044 betont die Bedeutung einer robusten Überprüfung der LCA-Studien, entweder intern oder durch unabhängige Dritte, um die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Die Anwendung dieses Standards hilft Unternehmen, Hotspots in ihrer Wertschöpfungskette zu identifizieren, Prozesse zu optimieren und fundierte Entscheidungen zur Emissionsreduktion zu treffen, was wiederum zu einer verbesserten Umweltleistung und einem Wettbewerbsvorteil führen kann.
ISO 14067: Product Carbon Footprint (PCF)
Die ISO 14067 ist ein internationaler Standard, der spezifische Anforderungen und Leitlinien für die Quantifizierung und Berichterstattung des Kohlenstoff-Fussabdrucks von Produkten (Carbon Footprint of Products, CFP) festlegt. Dieser Standard ist darauf ausgelegt, Unternehmen dabei zu helfen, die Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu verstehen und Massnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu ergreifen.
Ziele:
Bereitstellung eines konsistenten Rahmens für die Messung, Berichterstattung und Verifizierung des Kohlenstoff-Fussabdrucks von Produkten und Dienstleistungen.
Unterstützung von Unternehmen bei der Identifizierung von Emissions-Hotspots entlang des Produktlebenszyklus.
Förderung informierter Entscheidungen über Kohlenstoffreduktionsstrategien und die Bereitstellung verlässlicher Informationen für Verbraucher und Stakeholder.
Den Transport der Rohstoffe.
Die Produktions- oder Dienstleistungsphase.
Die Vertriebsaktivitäten.
Die Nutzung des Produkts.
Die Entsorgung oder das Recycling.
Die Gewinnung und Produktion von Rohstoffen.
Die Datenerfassung erfordert die Dokumentation von Verbrauchs- und Mengendaten, idealerweise aus Rechnungen oder Tankkarten, und die Anwendung standardisierter Emissionsfaktoren.
Vorteile der ISO 14067: Die Implementierung der ISO 14067 kann Unternehmen verschiedene Vorteile bringen:
Verbesserte Genauigkeit: Der Standard bietet detaillierte und umfassende Anforderungen für die konsistente Berechnung und Berichterstattung von THG-Emissionen.
Umwelt-Glaubwürdigkeit: Durch die Quantifizierung und Kommunikation des Kohlenstoff-Fussabdrucks von Produkten demonstrieren Unternehmen ihr Engagement für ökologische Nachhaltigkeit und Transparenz.
Wettbewerbsvorteil: Eine verifizierte Produktbilanz schafft Vertrauen bei Kunden und Partnern und kann zu einer stärkeren Kundenbindung führen, insbesondere bei umweltbewussten Verbrauchern.
Verbesserte Ressourceneffizienz: Die Messung und das Management des Kohlenstoff-Fussabdrucks von Produkten helfen Unternehmen, Möglichkeiten zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Abfallerzeugung zu identifizieren.
Innovationsförderung: Das Verständnis des Kohlenstoff-Fussabdrucks kann Innovationen im Produktdesign, bei der Materialbeschaffung und in den Herstellungsprozessen vorantreiben.
Es ist wichtig zu beachten, dass die ISO 14067 den Kohlenstoff-Fussabdruck auf Produktebene (Product Carbon Footprint, PCF) regelt, während die ISO 14064-Reihe Leitlinien für die Berechnung des Kohlenstoff-Fussabdrucks einer gesamten Organisation (Corporate Carbon Footprint, CCF) bietet.
ISO 14083: Treibhausgasemissionen im Transportwesen
Die ISO 14083 ist ein neuer globaler Standard zur Quantifizierung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen, die aus dem Betrieb von Transportketten für Passagiere und Güter entstehen. Sie wurde Anfang 2023 eingeführt, um die Berechnung von Transportemissionen zu standardisieren und die Transparenz in diesem Sektor zu erhöhen.
Ziele:
Bereitstellung eines globalen Rahmens für die glaubwürdige, genaue Berechnung und Bewertung von transportbezogenen Klimaschadstoffen.
Ermöglichung einer harmonisierten Methode zur Berechnung von THG-Emissionen bei Transportdienstleistungen.
Förderung der Transparenz, um Marktanreize zur Reduzierung des Kohlenstoffs im Güterverkehr zu schaffen und nationale sowie internationale Politik zu informieren.
Anforderungen und Methodik: Die ISO 14083 bietet einen harmonisierten Satz von Eingabedaten und eine konsistente Methodik für die Emissionsberechnung. Sie hat die frühere europäische Norm EN 16258 abgelöst und ist die erste universelle Methode für die Bilanzierung von Logistikemissionen. Im Gegensatz zur EN 16258 berücksichtigt die ISO 14083 auch Well-to-Tank-Emissionen (Emissionen, die bei der Gewinnung und Bereitstellung von Kraftstoffen entstehen) und erlaubt Unternehmen, eigene Emissionsfaktoren zu wählen, sofern die Quelle glaubwürdig ist.
Die Norm kategorisiert Emissionen nicht direkt nach den Scopes des GHG Protocol, sondern unterscheidet zwischen direkten Emissionen (vergleichbar mit Scope 1) und indirekten Emissionen (vergleichbar mit Scope 2 oder 3) :
Direkte Emissionen: Entstehen aus Quellen, die das Unternehmen besitzt oder kontrolliert, z.B. Emissionen von eigenen Lastwagen.
Indirekte Emissionen: Können Emissionen aus dem Verbrauch von eingekauftem Strom, Dampf, Wärme oder Kälte sein, oder Emissionen aus Vermögenswerten oder Aktivitäten, die das Unternehmen nicht besitzt oder kontrolliert, für die es aber direkt verantwortlich ist, z.B. der Pendelverkehr der Mitarbeitenden.
Datenerbringung: Für Transportemissionen wird idealerweise der Kraftstoffverbrauch nach Kraftstofftyp und Verbrauch, beispielsweise über eine Tankkarte, erfasst. Die Norm ist hauptsächlich an Verlader, Spediteure und Logistikdienstleister gerichtet, die Transport- und Logistikdienstleistungen erbringen. Die Einhaltung der ISO 14083 ist für diese Unternehmen von grosser Bedeutung, da sie nicht nur ihre eigenen Transportemissionen berechnen und berichten müssen, sondern diese Daten auch ihren Kunden für deren eigene Berichterstattung zur Verfügung stellen.
EN 16258: Methodik für Transportemissionen (Historisch)
Die EN 16258:2012 war eine europäische Norm, die eine gemeinsame Methodik für die Berechnung und Deklaration des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen von Transportdienstleistungen (sowohl Güter- als auch Personenverkehr) etablierte. Sie wurde am 1. Mai 2013 veröffentlicht.
Ziele:
Förderung standardisierter, genauer, glaubwürdiger und überprüfbarer Deklarationen bezüglich des Energieverbrauchs und der THG-Emissionen im Transportsektor.
Bereitstellung allgemeiner Prinzipien, Definitionen, Systemgrenzen, Berechnungsmethoden, Aufteilungsregeln (Allokation) und Datenempfehlungen für die Quantifizierung von Transportemissionen.
Anforderungen und Methodik: Die Norm legte den Rahmen für die Quantifizierung und Berichterstattung von THG-Emissionen fest, die aus dem Betrieb von Transportketten entstehen. Sie richtete sich an Transportdienstleister, Organisatoren von Transportdienstleistungen (z.B. Speditionen) und Nutzer von Transportdienstleistungen (z.B. Verlader und Passagiere).
Ablösung durch ISO 14083: Die EN 16258 wurde inzwischen durch die ISO 14083 abgelöst. Die ISO 14083 bietet einen universelleren Ansatz für die Bilanzierung von Logistikemissionen und berücksichtigt im Gegensatz zur EN 16258 auch Well-to-Tank-Emissionen. Dies bedeutet, dass die ISO 14083 einen umfassenderen Blick auf die Emissionen entlang der gesamten Transportkette ermöglicht, einschliesslich der Emissionen, die bei der Herstellung und Bereitstellung des Kraftstoffs entstehen.
ISO 26000: Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung
Die ISO 26000 ist ein internationaler Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen, der darauf abzielt, deren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu maximieren. Im Gegensatz zu anderen ISO-Normen, die in diesem Bericht behandelt werden, ist die ISO 26000 keine Managementsystemnorm, die zur Zertifizierung gedacht ist. Stattdessen bietet sie Empfehlungen und Anleitungen.
Ziele:
Unterstützung von Organisationen dabei, ihre gesellschaftliche Verantwortung zu verstehen und umzusetzen.
Förderung eines integrierten Ansatzes für Corporate Social Responsibility (CSR), der Denken und Handeln umfasst.
Maximierung des Beitrags von Organisationen zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) durch die Einbeziehung einer Vielzahl von Stakeholdern.
Umfang und Einfluss auf Umweltberichterstattung: Die ISO 26000 deckt ein breites Spektrum an Kernthemen der gesellschaftlichen Verantwortung ab, darunter auch Umweltleistung. Obwohl sie keine direkte Norm für die THG-Bilanzierung ist, beeinflusst sie die Umweltberichterstattung indirekt, indem sie Organisationen dazu ermutigt, einen umfassenden Nachhaltigkeitsansatz zu verfolgen. Dies beinhaltet die Berücksichtigung und Berichterstattung über Umweltauswirkungen, einschliesslich THG-Emissionen, im breiteren Kontext ihrer gesamten Nachhaltigkeitsleistungen.
Bedeutung: Die ISO 26000 ist das weltweit am weitesten akzeptierte Rahmenwerk zur Förderung der Umsetzung von CSR und den UN-Nachhaltigkeitszielen. Sie wurde in über 80 Ländern als nationale Norm übernommen. Ihre Bedeutung liegt darin, Organisationen einen strukturierten Weg aufzuzeigen, wie sie ihre Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln und umsetzen können, indem sie eine breite Palette von Stakeholdern einbeziehen und ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft ganzheitlich betrachten. Dies schafft ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, auch die THG-Bilanzierung als Teil einer umfassenderen Verantwortung zu sehen.
4. Fazit und Ausblick
Die Erstellung einer betrieblichen CO2-Bilanz ist für Schweizer Unternehmen nicht länger eine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit. Die Analyse zeigt, dass ein tiefgreifendes Verständnis der Treibhausgasemissionen, die über das reine Kohlendioxid hinausgehen und Methan, Lachgas sowie synthetische Gase umfassen, für eine effektive Klimastrategie unerlässlich ist. Die Schweiz berücksichtigt dabei primär Emissionen innerhalb ihrer Landesgrenzen, was für die nationale Bilanzierung von Bedeutung ist, während eine konsumbasierte Betrachtung globale Lieferketten einbeziehen würde.
Die Vorteile einer solchen Bilanzierung sind vielfältig und reichen von der Identifizierung von Emissions-Hotspots und der daraus resultierenden Steigerung der betrieblichen Effizienz und Kostensenkungen bis hin zur Verbesserung der Unternehmensreputation und der Erfüllung wachsender Kunden- und Regulierungsanforderungen. Unternehmen, die proaktiv ihre Emissionen bilanzieren und eine Klimastrategie entwickeln, verschaffen sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in einem Markt, der zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legt.
Die hier vorgestellten internationalen Standards – das Greenhouse Gas Protocol und die ISO-Normen ISO 14064 (Teil 1-3), ISO 14044, ISO 14067, ISO 14083 und EN 16258 (historisch) – bilden das Rückgrat für eine glaubwürdige und vergleichbare Treibhausgasbilanzierung. Während das GHG Protocol den globalen Rahmen mit seinen fundamentalen Scopes (1, 2, 3) und Prinzipien setzt, bieten die ISO-Normen spezifische Anleitungen für die Bilanzierung auf Organisations- (ISO 14064-1), Projekt- (ISO 14064-2) und Produktebene (ISO 14067), sowie für die Verifizierung (ISO 14064-3) und die Lebenszyklusanalyse (ISO 14044). Die Ablösung der EN 16258 durch die ISO 14083 im Transportwesen unterstreicht die ständige Weiterentwicklung und Vereinheitlichung dieser Standards.
Ein ganzheitlicher Ansatz, der diese Standards miteinander verknüpft, ist entscheidend. So kann beispielsweise eine Lebenszyklusanalyse nach ISO 14044 die Grundlage für die detaillierte Erfassung von Scope 3 Emissionen nach dem GHG Protocol bilden, während die ISO 14064-3 die notwendige Verifizierung der resultierenden Bilanzen sicherstellt. Die ISO 26000, als Leitfaden für gesellschaftliche Verantwortung, ergänzt diesen Rahmen, indem sie Unternehmen dazu anregt, Umweltaspekte in ihre umfassendere Nachhaltigkeitsstrategie zu integrieren.
Für Schweizer Unternehmen bedeutet dies, dass eine robuste und verifizierte CO2-Bilanz nicht nur eine gesetzliche Anforderung erfüllt, sondern auch ein unverzichtbares Instrument für das Risikomanagement, die Innovationsförderung und die langfristige Wertschöpfung darstellt. Die Fähigkeit, Emissionen transparent zu messen, zu managen und zu berichten, wird zunehmend zu einem entscheidenden Faktor für den Geschäftserfolg und die Akzeptanz bei allen Stakeholdern.
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